Mainpost 11.08.2018


„Abenteuerland-Virus“, nennen es die Betreuer. Sie versuchen zu beschreiben, warum Kinder erst mit ihren Eltern in den Urlaub fahren wollen, wenn sie drei Wochen im „Abenteuerland“ verbracht haben. Auch die Betreuer kehren Jahr für Jahr in das Ferienlager zurück, nachdem sie als Kinder daran teilgenommen haben. „Ansteckend für alle Altersklassen“, lacht eine Teamerin.

Besagtes „Abenteuerland“ ist ein Ferienlager am Heuchelhof, in dem 270 Kinder im Alter von fünf bis 14 Jahren für drei Wochen zusammen kommen – in diesem Jahr unter dem Motto „Ein wahrgewordener Traum aus bunter Magie“. Das Ferienlager, eine Kooperation der Stadt Würzburg Fachbereich Jugend und Familie mit dem Förderverein Abenteuerland findet zum 20. Mal statt und wird vom Bayerischen Roten Kreuz unterstützt.

Gemeinsam Aufgaben lösen

Das Lager funktioniert laut Christine Blum-Köhler, Vorsitzende des Fördervereins Abenteuerland, nach einem bestimmten Prinzip: Die Kinder reisen mit eigenem „Abenteuerland“-Ausweis in ein Land ein, in dem es eigene Regeln und eigene Feste gibt. Die Kinder sind nach dem Alter in sieben nach Farben benannte Gruppen eingeteilt, die ihr Quartier in einer Zeltstadt beziehen. Jede davon hat eine Geschichte, die die Teilnehmer durch die drei Wochen führen soll. Das Team „Gelb“ muss beispielsweise bei Spielen gemeinsam daran arbeiten, den „Sand der Träume“ in die Welt zurück zu bringen – sonst können die Menschen nicht mehr schlafen.

Die Betreuer begleiten die Kinder bei den Aufgaben ihrer Geschichte. Für jede Zeltstadt sind ein Großteamer, sowie mehrere Kleinteamer zuständig. Diese kommen die vollen drei Wochen ins „Abenteuerland“, was ermöglichen soll, dass eine enge Beziehung zu den Kindern entsteht. Die Kleinteamer waren zum Teil schon als Kinder in dem Ferienlager als Teilnehmer dabei: „Sie sind aus dem Abenteuerland herausgewachsen, wollen aber weiter dabei sein.“, sagt Christine Blum-Köhler.

Auch die 15-jährige Janet, die gerade auf dem Weg zu den Zeltstädten ist, wollte unbedingt als Kleinteamerin wieder ins „Abenteuerland“ kommen. Als Kind hat sie sich gerne im Ferienlager ausgetobt, „jetzt merkt man schon, wie anstrengend das Ganze für die Betreuer ist.“

Christine Blum-Köhler erzählt, dass viele Betreuer nach der Herausforderung sehr stolz seien, es geschafft zu haben. „Man nimmt persönlich viel mit.“

Dieses Jahr reisten ins „Abenteuerland“ Kinder aus 22 Herkunftsländern ein – sie stammen auch aus verschiedenen Stadtteilen, unterschiedlichen Familien und Glaubensrichtungen. Doch wie Christine Blum-Köhler sagt: „Im Abenteuerland leben sie in einem Land, in dem es keine Unterschiede gibt.“

Kinder aus Flüchtlingsfamilien sind auch unter den Teilnehmern. Es spielt jedoch keine Rolle, dass einige von ihnen anfangs nicht gut Deutsch sprechen, weil sie erst seit wenigen Wochen in Deutschland leben. In den drei Wochen des „Abenteuerlands“ lernen sie sehr viel.

Auch unter den Kleinteamern sind Jugendliche mit Fluchterfahrung. Der 17-jährige Rebal aus Syrien ist erst seit zehn Monaten in Deutschland. Besonders gefällt ihm am „Abenteuerland“, im Team zu arbeiten. Sollte es mal Verständigungsprobleme mit Kindern oder deren Eltern geben, übersetzt Rebal auch mal ins Arabische. Der schönste Moment für Großteamerin Helen, 19 Jahre alt, ist, wenn alle Kinder gemeinsam im Zirkuszelt sitzen. Außerdem sei es „auch mal schön, draußen zu sein und laut sein zu können“. Als Kind traf die 19-jährige im „Abenteuerland“ ihre Freunde wieder, die sie sonst das ganze Jahr nicht gesehen hat.

Schnell Freund gefunden

Auf der anderen Seite der Wiese, in einem der Zelte der Gruppe „Lila“, sitzen ein paar Jugendliche zusammen. Der 14-jährige Alireza ist zum ersten Mal im „Abenteuerland“. Der Junge hat schnell viele Freunde gefunden, mit denen er gerne Zeit auf dem Bolzplatz verbringt. Jetzt, bei schlechterem Wetter, wollen sie Karten spielen.

Für die kommenden Wochen sind noch diverse Übernachtungen einzelner Gruppen in ihren Zelten, sowie eine „Große Nacht der Magie“ geplant. An diesem Abend stehen dann unter anderem ein Jahrmarkt und eine Disko auf dem Programm. Natürlich stärken sich die Kinder vor der gemeinsamen Übernachtung mit Hamburgern und am nächsten Tag mit einem großen Frühstück.

Das Gefühl, in der Gemeinschaft des Ferienlagers dabei zu sein, nennen die Betreuer nur „Den Geist des Abenteuerlandes“. So ist es nicht überraschend, dass nach Ende des „Abenteuerlands“ meist nicht nur die Kinder Tränen vergießen.

Andreas Fischer-Kablitz


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